Als ich als Bibliothekarin zu arbeiten begann, hießen die Bücher, die viele gern lesen, manche gern lesen und es nie zugeben und die andere wiederum nie lesen würden: Schema-Literatur. Da kannte man also einmal ein Schema, ja, auch der Tom-Turbo-Brezina hatte viele Schemata in die Kinderzimmer gerollt, und folgte diesem dann tiefenentspannt. Man konnte sich zurücklehnen, denn die Schmutz- und Schund-Literatur-Fehde war endgültig vorüber und dann hieß das, was man so gerne liest, eben Schema-Literatur.

 

Aber das Jahr 2017 begann für viele bedrohlich, Bob Dylan holte sich den Nobelpreis für Literatur (ab) und schon ging sie los, die Diskussion, was, welche Sorte von Literatur denn des Nobelpreises würdig sei? Poesie von Bob Dylan natürlich schon, meinten die einen, nie und nimmer, grollten die anderen. Doch all diese Diskussionen verzichteten auf eines: Auf die Definition des literarischen Niveaus über die Lesenden bzw. Hörenden.

So kannte ich die literarische Kategorie "seichte Literatur für gelangweilte Hausfrauen" bislang nicht. Wohl habe ich bemerkt, dass sich immer häufiger LeserInnen als "Krimi-LeserInnen" outen und auch jene AutorInnen, die über ihre KollegInnen motzten "jetzt schreibt doch schon jeder und jede so einen Krimi" haben den ihren vorgelegt und behaupten, ihrer, meistens nur ihrer sei besser und weniger Schemata-durchzogen als die Krimis der anderen. Also Krimis haben die Eintrittskarte bekommen, vielleicht lässt ein selbst ernannter bibliothekarischer Türsteher den Liebesroman nicht ins Regal?

Ich werde der Sache nachgehen, gelangweilte Hausfrauen soziologisch analysieren und in Tiefeninterviews befragen, ich werde GermanistInnen anrufen und nachfragen und Diskussionen entfachen. Wie das Lesefeuer, wie den Lesespaß - 2017 suchen sich Menschen autonom ihre Lektüre, mögen sie gelangweilt oder überfordert, gefordert oder entspannt sein. Mögen sie Hausfrauen, Altenpflegerinnen oder TankwartInnen sein: Sie werden nicht im Trüben fischen!