Nicht überall ist Heimat, manchmal gibt es eine kleine Heimat, das leise Daheim
Wenn ich von Lienz Richtung Felbertauern fahre, könnte ich bei Huben links abbiegen. Dann bekäme ich in etwa fünfundvierzig Minuten auf einem Bergbauernhof in Hopfgarten einen Kaffee, ein Stück Kuchen oder wenn ich möchte, auch ein Bier. Als ich zum ersten Mal dort war, war ich gerade 23 Jahre alt, hatte rote Haare und trug mit Leidenschaft unförmige Jeans. Trotzdem waren die Leute auf dem Hof freundlich zu mir, luden mich zum Mitessen ein und meinten, ich könne sie duzen. Sie sind meine Schwiegereltern geworden, am Anfang war ich wohl so etwas wie ein optischer Schock für sie. Doch wir fanden zueinander, jetzt sind sie schon lange tot. Die junge Familie dort oben am Hof ist auch schon in die Jahre gekommen, ich könnte mit ihnen die Kindheit meiner Kinder und die der ihren teilen. Erinnerungen sind das Bindeglied zu den Menschen, wir teilen sie, egal wie alt wir werden. Ich kenne auch Menschen, mit denen ich zwar Zeit verbrachte, aber keine Erinnerungen teile, wo ein Ort nie zu einem Daheim wurde. „Du bist immer willkommen hier bei uns.“ Das sagten mir damals nach der Scheidung die Leute vom Hof und das gilt für mich und meine Kinder bis heute. So leicht kann es sein, mit einer Trennung nicht alles zu verlieren. Und jetzt werde ich einfach links abbiegen.